Defi oder kein Defi

#1
Hallo zusammen,

möchte mich kurz vorstellen, heiße Tom, bin 38 Jahre alt, komme aus Augsburg und befinde mich zur Zeit im Krankenhaus.
Es wurde bei mir festgestellt, dass ich unter gefährlichem Herzkammernflimmern (Tachykardien) leide.

Kurz zu meiner Vorgeschichte:
Hatte im Dezember einen unrythmischen, beschleunigten Herzschlag, worauf ich den Krankenwagen verständigte. Die
Sanitäter und Mitarbeiter des Krankenhauses diagnostizierten damals sog. Vorhofflimmern. Aus diesem anfänglichen
Vorhoflimmern entickelte sich dann ein mehrstündiger, asynchroner Herzschlag, der dann nach mehreren Stunden
medikamentös wieder in einen gleichen Takt gebracht wurde.
Nachdem ich nach ca.3 Wochen - statt den empfohlenen 3 Monate - die Betablocker absetzte und normalen Sport machte,
hatte ich, wie in der Vergangenheit schon soweit ich zurückdenken kann, leichte Herzrythmusstörungen. Diese
äußerten sich in Form von einzelnen Ausetzern (zusätzliche Schläge), ebenso leichtes Vorhofflimmern über 3 - 5 Sekunden.
Um sicherzustellen, dass mit meinem Herzen alles i. O. ist, ging ich nochmals zu einem Kardiologen für einen Gegencheck.Dort wurde bei einem routinemäßgigen Belastungs-EKG ein gefährliches Herzkammernflimmern festgestellt.

Daraufhin gings Tags darauf ins Krankenhaus, wo ich eine Ultraschall-Untersuchung; EPU; Langzeit-EKG und CT mtimachte.
Alle Ergebnisse, bis auf das besagte Kammernflimmern in der EPU waren ok.


Und nun zu der für mich all entscheidenen Frage:
Wenn Ihr bisher noch nie größere Probleme mit Eurem Herzen gehabt hättet, würdet Ihr Euch - auf Anraten des Arztes -
einen Defi implantieren lassen? Ich bin mir - auch anhand der vielen Einträge in Eurem Forum noch völlig unsicher.
Bei vielen Migliedern erkennt man eine große Unsicherheit bezgl. der Annahme des Gerätes im Körper, diverser Fehlfunktionen usw.

Ich hoffe nicht, dass Ihr dieses Thema schon öfters behandelt habt. Konnte leider dazu keine exakte Aussage finden
Ich kann natürlich auch nicht erwarten, dass Ihr hier eine klare Empfehlung ausspricht, klar ist das letztlich Sache
des Arztes ist, jedoch erhoffe ich mir schon den ein oder anderen Hinweis
zu dem Thema.

So, das wärs soweit, vielen Dank vorab für Info!! Bin um jeden Hinweis dankbar, wie gesagt bin ich unschlüssig, ob ich die OP durchführen soll oder nicht.

LGs
Tom aus Augsburg

Re: Defi oder kein Defi

#2
Hallo Tom,
bei mir war es ähnlich. Jahrelang unklare Synkopen - ich fiel immer mal wieder um. Keiner konnte sich erklären warum, bis ich bei der EPU Kammerflimmern hatte.
Ich hatte keine Chance zu überlegen ob ich den Defi will, am nächsten Tag war er drin. Das war 2005. Bis heute keine Schockauslösung aber er zeichnet immer mal wieder kurze Tachykardien auf, die sich aber von selbst - wie in der Vergangenheit - wieder legen. Aber was wenn sich so eine Tachykardie doch noch mal in Kammerflattern oder Flimmern auswächst ?? Dann werde ich sicher froh sein, mich auf meinen kleinen blechernen Schutzengel verlassen zu können !
Für mich ist es keine Frage. Ich bin froh das ich den Defi habe! Sei glücklich wenn man Dir ein solches High Tech Gerät implantieren will. Denn gerade beim Sport kam es doch in der Vergangenheit so oft zu einem plötzlichen Herztod bei den Sportlern. Du möchtest sicher nicht auch mit einem schwarzen Rahmen verziert in der Zeitung stehen....
Also lass Dir das Ding einbauen und nach einiger Zeit wirst Du Dich an den Defi gewöhnt haben und das Leben geht weiter. Denn genau das ist es: DAS LEBEN GEHT WEITER !!

So long, alles Gute für Dich und gute Beserung wünscht Dir

die Daggi



idiophatisches kammerflimmern vielleicht auch brugada. implantiert nov.´05.
wer rechtschreibfehler findet, darf sie behalten

Re: Defi oder kein Defi

#3
ich habe ja erst seit dem 28.10.2007 einen Defi und gehöre damit zu den "Neulingen" hier im Forum.

Ich hatte die ersten Monate einige psychische Probleme mit der ganzen Sachlage klar zu kommen.
Habe mir dann eine Psychologin gesucht und jetzt denke ich kaum noch daran das ich diesen kleinen Helfer in der Brust habe.
Und wenn ich an meinen Defi denke dann positiv.

Für mich allerdings unverständlich das du bei einer Herzerkrankung deine verordneten Medikamente einfach absetzt , ich habe den Eindruck das bei dir noch nicht angekommen ist das es um DEIN Leben geht.

Also rein mit dem Defi


____________________
Nenne dich nicht arm, weil deine Träume nicht in Erfüllung gegangen sind;
wirklich arm ist nur, der nie geträumt hat.

Re: Defi oder kein Defi

#4
Hallo Tom.

Ich hatte bis zu meinem Aufenthalt in der Klinik, um abzuklären warum ich so kurzatmig bin und das Gefühl habe zu ersticken, absolut keine Probleme mit dem Herzen. Dachte ich ! Und vielen hier im Forum ging es wahrscheinlich ähnlich.

Ich hatte bis jetzt noch nicht einmal ein Kammerflimmern, aber durch meine Grunderkrankung (DCM) besteht jederzeit die Möglichkeit ein Kammerflimmern zu bekommen. Mir wurde dann Empfohlen einen ICD vorsichtshalber zu implantieren. Da ich nicht scharf darauf bin ein Kammerflimmern, während des Schlafes oder wenn ich irgendwo alleine bin, zu bekommen war es für mich keine Frage, mir den ICD implantieren zu lassen. Ich lebe nun mal gerne, und mit ICD sind meine Chancen etwas größer.

Die Sache mit der Psyche ist da schon sehr individuell. Ich persönlich hatte so gut wie keine Probleme. Gleich nach der Diagnose hatte ich kurz ein Paar Tiefpunkte. Diese waren jedoch wirklich sehr kurz, denn beim Abwägen der Alternativen, kam ich dann immer schnell zu dem Schluß, daß es "ohne" doch nicht so "prickelnd" wäre.
Heute (8 Monate und 3 OP´s danach) denk ich oft gar nicht mehr an meine Probleme und vergeß schon mal meine Medikamente einzunehmen!

Letzendlich ist es aber Deine Entscheidung und nicht die des Arztes, ob Du dir einen ICD implantieren läßt.

Ich für meinen Teil bin froh, daß es einen ICD überhaupt gibt und ich einen bekommen habe und sollte er mich eines Tages therapieren, werde ich genauso geschockt sein wie jeder von uns beim "ersten Mal" aber im nachhinein sehr dankbar sein, daß er seine Arbeit zuverlässig erledigt hat.
Ebenso dankbar werden meine Frau, meine Tochter und Familienangehörige sein !

Sollte mein Defi auch nur einmal "therapieren" hat er mir in dem Moment vermutlich das Leben gerettet!

Gruß

Andi



Re: Defi oder kein Defi

#6
Hallo Tom,

ich würde sicherheitshalber auf jeden Fall einen Defi einbauen lassen! Ein einziges mal tödliches Kammerflimmern kann schon einmal zu viel gewesen sein. Ich selber hatte das riesige Glück, einen Herzstillstand zu überleben. So viel Glück hat man nicht immer. Mit dem Defi geht das Leben auch weiter, und so viele Einschränkungen sind es gar nicht. Dafür hat man Tag und Nacht immer und überall einen Beschützer dabei.
Viel Glück und alles Gute!

Evi




____________________
Pulmonalatresie mit Ventrikelseptumdefekt, 4xOP am offenen Herzen, Herzinsuffizienz 2. Grades, Z.n. überlebtem Plötzlichem Herztod 2007, anschließend Defibrillatorimplantation, 2011 und 2012 Ballondilatation mit Stentimplantation in den Pulmonalarterien, 2012 Kammerflimmern

Re: Defi oder kein Defi

#7
Hallo zusammen,

also ich bin ja echt begeistert und überrascht, wie schnell von Euch in diesem Forum auf meine Fragen geantwortet wurde.

!!Ein riesen Dankeschön dafür!!

Seit meiner gestrigen Recherche, was überhaupt ein Defi ist und welche Funktionen dahinterstecken, habe ich mir für meinen behandelnden Chefarzt einige Fragen notiert: Ich stell Sie hier einfach auch mal rein, vielleicht möchte der ein oder andere etwas dazu formulieren, zudem findet Ihr noch drei in meinen Augen interessante Links:
• Lebensdauer – erneute OP für Batteriewechsel
Dauer: ja/nein

• Kann Gerät vom Körper abgestoßen werden, ggf. ein eingesetztes Gerät getauscht werden?
ja/nein ja/nein

• Empfehlung, zu wie viel Prozent sollte ich mich operieren lassen unter den Umständen, dass bisher Kammernflimmern noch nie – bis auf Belastungs-EKG wo sich in kurzer Zeit Herzschlag ohne hinzufügen von Medikamenten von alleine normalisiert hat - in normalen Lebenssituationen aufgetreten ist und dass alle weiteren Untersuchungen des Herzens gute bis sehr gute Ergebnisse erzielt haben (Herzkranzgefäße ; Pumpleistung; Klappen)
Prozent:

• Wie hoch ist Risiko von Fehlimpulsen; was für Auswirkungen haben Fehlimpulse (nur schmerzhaft, kann Vorhofflimmern/Kammernflimmern sogar ausgelöst werden >> bis zu lebensbedrohlichen Zustand auslösen?
Risiko Prozent: ja/nein

• Kann Kammernflimmern mit Bewusstlosigkeit theoretisch auch einfach nie auftreten?
ja/nein

• Man liest häufig von Fehlimpulsen, da Frequenz zu niedrig eingestellt wurde? Welcher Wert bei mir (Vorschlag zwischen 220 und 250)
Wert:

• Kann bei Vorhofflimmern – ja eigentlich ungefährlich - fehl interpretiert werden und Impuls ausgelöst werden?
ja/nein

• Leistungseinschränkungen z. B. Sport; Sonstiges; Häufigkeit Arztbesuche
Häufigkeit:

• Wie lange darf kein Kfz bewegt werden?
Dauer:

• Kann Gerät bei z. B. überstiegener psychischer Belastung (wegen Fremdkörper im eigenen Körper) auch wieder nach z. B. einem Jahr vollständig entfernt werden?
ja/nein

• Allgemeine Frage: Gibt es Untersuchungen, wann gefährliches Kammernflimmern auftreten kann (erhöhte körperliche Belastung; emotionale Belastung; erhöhte Nervosität; Angstzustände) >> können diese erhöhte Werte in z. B. Blutwerte ermittelt werden oder gemessen werden (z. B. in Form von Adrenalin), wenn ja, wurden diese Werte mit Anomalien im Herzrhythmus verglichen und gibt es hierzu Studien/Ergebnisse?
ja/nein



• Wie schnell können Fehleinstellungen wie zu niedrige Frequenz für auszulösenden Impuls korrigiert werden?
Kann dies über Schnittstelle selbst durchgeführt werden?

• Abschließend: Besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass bei einem Auftreten von Kammernflimmern ein ansonsten gesundes Herz die Fehlfunktion selbstständig wieder beheben kann, bzw. es gar nicht zu einem lebensbedrohlichen Zustand kommt?
ja/nein

• Kann man das Risiko auftretendes Kammernflimmerns medikamentös (Betablocker durch Blutdrucksenkender Wirkstoff), kein Kaffee; kein Alkohol usw. wirksam vermindern/vorbeugen?
ja/nein

• Welchen Hersteller/Modell verwenden Sie?
Hersteller:

• Können grundsätzlich Angstzustände oder Nervosität so eine hohe Herzschlagfrequenz auslösen, dass ein Impuls ausgelöst wird?
ja/nein


Links zur Annahme bestimmter Thesen:
http://www.medknowledge.de/abstract/med/med2002/05-2002-10-defibrillator.htm

Studie
http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?src=heft&id=13148

Modell
http://www.presseportal.de/pm/67910/1152851/boston_scientific_medizintechnik_gmbh?search=defibrillator

Beste Grüße und nochmals Danke für entscheidungsfindenden Tips
Tom aus Auxburg

Re: Defi oder kein Defi

#8
Hallo Tom
bei der Vielzahl Deiner Fragen, die alle wichtig sind, ist doch die wichtigste die, ob du einen Defi brauchst. Ich denke, dass die Antwort auf die einzelnen Fragen Dich nicht der Grundsatzfrage näherbringt. Wenn Du Dir allerdings sicher bist, dass Du schon mal KAMMERFLIMMERN hattest und noch viele Jahre leben willst, führt meiner Meinung nach kein Weg an einem Defi vorbei!!!
Grüße Axel
(Herztod im August 2008 aus heiterem Himmel - seitdem Defiträger)

Re: Defi oder kein Defi

#9
... wie Axel schon schrieb: Grundlegend stellt sich doch die Frage, willst Du leben oder Dich der Gefahr aussetzen, jederzeit umzufallen und zu sterben ? Hast Du Menschen die Dich lieben und brauchen ? Was wäre denen lieber ?
Wie wirst Du leben wenn du KEINEN Defi willst ? Wirst Du voller Angst Deine Rhytmusstörungen beobachten und denken es könnte vielleicht Deine letzte Sekunde auf der Erde sein ? Natürlich ist das ganze auch mit Unbequemlichkeiten verbunden aber ich kann mich auf meinen Lebensretter verlassen wenn eine Tachykardie kommt. Ich weiß das ich wieder aufstehe. Dafür nehme ich die paar (oder mehr) Einschränkungen doch gerne in Kauf !
Wir wollen alle nicht verschweigen oder das ganze runterspielen. Dein Leben wird sich mit Defi grundlegend ändern. Es gibt einige Sachen die Du nicht mehr so wie früher machen kannst. Aber es öffnen sich andere Möglichkeiten....
Ich wünsche Dir von Herzen das Du die für Dich richtige Entscheidung treffen wirst. Ich glaube hier im Forum würde sich jeder wieder für den Defi entscheiden. Wir sind alle froh, das es für uns diese Möglichkeit gibt weiter zu leben !

Daggi



idiophatisches kammerflimmern vielleicht auch brugada. implantiert nov.´05.
wer rechtschreibfehler findet, darf sie behalten

Re: Defi oder kein Defi

#10
Hallo Tom,
ich muss zugeben, dass ich mit Deiner Frageliste einige Probleme habe da ich das Forum nicht für eine medizinische Kurz-Recherche aufgebaut habe. Über die Suchfunktion kannst Du all die Informationen bekommen.

Zudem siehst Du die ganze Sache als zu sehr "mechanisch" also Defi-lastig. Der Defi ist nicht Dein Problem: Dein Herz ist krank!. Der Defi ist eine Versicherung, dass Du bei Kammerflimmern eine Überlebenschance hast. Wie ein Vorredner schon schrieb. Bereits das erste Kammerflimmern kann auch das letzte sein und Du fährst damit in die ewigen Jagdgründe ein. Gleiches gilt fürs leidige Thema "Auto fahren". Nicht der Defi sondern deine Herzkrankheit verbietet Dir das Autofahren - für immer. Erst mit Hilfe des Defi's, der Dein Herztätigkeit aufzeichnet, darfst Du wieder fahren; er ist der Nachweis, das Dein Herz in den letzten 6 Monaten rund gelaufen ist.

Man kann sicher statistische Betrachtungen heranziehen was wie zu beurteilen ist. Ich für mich lege mein Überleben aber nicht in die Hände einer Wahrscheinlichkeit irgendeiner Statistik. Dazu lebe ich zu gerne und bin glücklich darüber das mich der Gevatter mit seiner Sense nur angekratzt hat. Denn das einzige was mir eine Statistik wirklich definitiv aussagt ist - das wir alle individuell sind. Denn selbst wenn alle Mitglieder Dir auf Deine Fragen antworten würden wärst Du damit genauso schlau wie vorher und die Krankheit wird sich bei Dir anders verhalten.

Gruß
Thorsten