Hallo an Alle
Verfasst: 17. September 2011, 21:33
Hallo zusammen,
bin eigentlich eher der "Leser", denn der "Schreiber". Nachdem ich aber heute aus dem Krankenhaus entlassen worden bin, möchte ich doch meine Erfahrungen und Erlebnisse hier schreiben.
Kurz zu mir: ich bin 37 Jahre alt, verheiratet und komme aus Nackenheim bei Mainz.
Ende letzten Jahres wurde bei mir, nachdem ich wegen anhaltendem Vorhofflimmern ins Krankenhaus bin, HOCM diagnostiziert.
Da meine Septumdicke mittlerweile bei 3,2 cm liegt wurde mir die primär prophylaktische Implantation eines ICD empfohlen. Da ich schon bei meiner letzten Kontrolluntersuchung vor einem halben Jahr gesagt bekam, dass es wohl auf einen ICD hinauslaufen wird, hatte ich lange genug Zeit mich mit dem Thema zu beschäftigen.
Ich hab viel im Internet zum dem Thema gelesen und vor allem auch viel in diesem Forum hier und hab mir, so denke ich zumindest, eine positive Einstellung zu dem kleinen Lebensretter geholt.
Letzten Mittwoch, den 7.9., war es dann also soweit und ich bin in unsre Uni-Klinik einmarschiert. Mit Gepäck für zwei Tage und einem guten Gefühl, da mir Montags, bei der Voruntersuchung, von dem Arzt eine Menge Angst genommen wurde und die hatte ich mehr als reichlich.
Mittags ging ich dann in den OP, Atmosphäre war super locker (zwei Ärzte eine Anästhesistin), und wurde schlafen geschickt.
Das nächste was ich wieder sah, war meine Frau und mein erstes Gefühl war: HUNGER. Also erstmal kräftig gegessen (nüchtern sein vor OPs is doof). Der Arzt kam dann noch und meinte, es wäre alles gut verlaufen.
Am nächsten Tag dann zur Defi-Kontrolle (ich bekam einen von St. Jude), auch alles super. Also ab von der Telemetrie und durfte schon runter an die Luft.
Ich war begeistert davon, wie easy alles lief und das ich völlig umsonst so eine Angst hatte.
Dann gabs Mittagessen. Ich sass auf der Bettkante und versuchte Fleisch unbekannter Art und Herkunft zu vertilgen, meine Frau lag hinter mir halb auf dem Bett, als ich plötzlich einen stechenden Schmerz in der Brust verspürte. Ich dachte noch so bei mir "naja, dein Körper hat Recht, wenn er sich gegen diese Gaumenbeleidigung wehrt" und legte mich sicherheitshalber mal hin.
Das war der Startschuss... Mit einem Mal dachte ich, ein Haufen Mäuse tanzen in meinem Herzen Samba und selbiges will sie rausschmeissen.
Ich wand mich auf dem Bett vor Schmerzen und Panik und dachte nur "das wars...". Meine Frau rannte raus um einen Arzt zu holen und wurde von der Schwester angepflaumt, für was es denn die roten Knöpfe gebe (Danke für nichts!)
Als dann endlich ein Arzt kam, war der erstmal ziemlich ratlos und gab mir intravenös Schmerzmittel. Danach gings mir endlich besser und ich musste zum Ultraschall, Röntgen und wieder zur Defi-Kontrolle und bekam die Hiobsbotschaft: Die Elektrode (ich bekam einen Defi mit nur einer Elektrode) hat sich wohl gelöst und ist wohl dabei sich durch mein Herz zu bohren. Am nächsten Tag sollte ich wieder operiert werden um die Elektrode rauszuziehen. Nachdem aber bei der Auswertung der Bilder festgestellt wurde, dass die Schraube schon durchkommt entschloss man sich zu einer sofortigen Not-OP.
Also ab ins Bett, rüber in die Herz-Chirurgie und in den OP. Fünf Stunden, zwei ZVKs und ein Blasenkatheder später auf der Intensiv wach geworden und in das Gesicht meiner Frau gesehen, dessen Ausdruck ich nie vergessen werde.
Dann wurde mir mitgeteilt, dass die Schraube wirklich schon durch das Herz ging und mir der Brustkorb aufgesägt und das Loch vernäht werden musste. Den Defi mussten sie auf Grund des Infektionsrisikos auch komplett entfernen und muss bei Gelegenheit neu rein. Mein erster Gedanke war nur "Super, ne dritte OP. Wie wärs statt vernähen mit nem Reissverschluss???"
Nach einem Tag Intensiv- und Zwei Tagen Wachstation (auf der man wohl körperlich gesund wird, psychisch aber einen an die Waffel bekommt) endlich auf Normalstation. Aber nicht ohne vorher die Thorax-Drainage gezogen zu bekommen. Heiliger BimBam, mit so nem Schlauch wässer ich bei mir den Garten. Ich dachte, da hängen alle Innereien dran...
Wenigstens waren die Schwestern und Ärzte begeistert von mir, wie schnell ich wieder auf den Beinen war. Aber im Krankenhaus heisst halt für mich Bett = Tod, also raus da.
So, nächster Implantationstermin für vergangenen Mittwoch. Meine Einstellung zu dem Defi war komplett im A***. Ich hatte einfach nur Panik. Ich wollte ihn nicht mehr. Ich wollte nur noch weg und durfte nicht mal die Station verlassen um mal spazieren zu gehen, auf andere Gedanken zu kommen.
Ohne meine Frau hätte ich das alles nicht durchgestanden.
Also Mittwoch wieder in den OP. Diesmal gleich in der Chirurgie. In dem OP war die Hölle los. Ich wusste gar nicht, wieviel Leute in so einen OP gehen. Selbst jemand des Herstellers des Defis (diesmal ist es ein Medtronic Protecta mit zwei Elektroden) war dabei.
Die Schwester beruhigte mich allerdings, dass nicht alle drin bleiben, weil sie soviel Bleiwesten nicht haben ;-)
Diesmal hab ich allerdings fast die ganze OP mitbekommen, weil sie mich nicht mehr so tief schlafen lassen wollten (ausser natürlich beim Testen des Defis) was aber nicht weiter schlimm war. Das Einzige, was sehr unangenehm war, dass ich mitbekam wie der Chirurg die neue Tasche formte. Das war zwar schmerzfrei, aber halt unangenehm.
Der grosse Vorteil allerdings, man kommt glockenhellwach ins Wachzimmer. Auch meine Frau war begeistert, wie fit ich war, als ich eine Stunde später wieder in meinem Zimmer lag.
Problem war danach nur, die Panik, es könnte schon wieder was schiefgegangen sein bzw. schief gehen. Und so waren die Stunden danach psychisch für mich und meine Frau die Hölle. Die 24 Stunden Bettruhe wurden konsequent eingehalten und jedes noch so kleine pieksen lies mich aufschrecken.
Die Defikontrolle gestern ergab, dass der Kleine vorbildlich arbeitet und heute durfte ich nach Hause.
Der Defi stört mich eigentlich jetzt schon überhaupt nicht, schlimmer finde ich es, mich schonen zu müssen bis der Brustkorb wieder zusammengewachsen ist. Und das kann 2-3 Monate dauern...
So, sorry wenn ich jetzt soviel geschrieben habe. Musste mir einfach mal alles von der Seele schreiben.
Sorry auch wegen Rechtschreibfehlern oder grammatikalischen Aussetzern, aber ich bin noch etwas durch den Wind.
Viele Grüsse
Marcus
bin eigentlich eher der "Leser", denn der "Schreiber". Nachdem ich aber heute aus dem Krankenhaus entlassen worden bin, möchte ich doch meine Erfahrungen und Erlebnisse hier schreiben.
Kurz zu mir: ich bin 37 Jahre alt, verheiratet und komme aus Nackenheim bei Mainz.
Ende letzten Jahres wurde bei mir, nachdem ich wegen anhaltendem Vorhofflimmern ins Krankenhaus bin, HOCM diagnostiziert.
Da meine Septumdicke mittlerweile bei 3,2 cm liegt wurde mir die primär prophylaktische Implantation eines ICD empfohlen. Da ich schon bei meiner letzten Kontrolluntersuchung vor einem halben Jahr gesagt bekam, dass es wohl auf einen ICD hinauslaufen wird, hatte ich lange genug Zeit mich mit dem Thema zu beschäftigen.
Ich hab viel im Internet zum dem Thema gelesen und vor allem auch viel in diesem Forum hier und hab mir, so denke ich zumindest, eine positive Einstellung zu dem kleinen Lebensretter geholt.
Letzten Mittwoch, den 7.9., war es dann also soweit und ich bin in unsre Uni-Klinik einmarschiert. Mit Gepäck für zwei Tage und einem guten Gefühl, da mir Montags, bei der Voruntersuchung, von dem Arzt eine Menge Angst genommen wurde und die hatte ich mehr als reichlich.
Mittags ging ich dann in den OP, Atmosphäre war super locker (zwei Ärzte eine Anästhesistin), und wurde schlafen geschickt.
Das nächste was ich wieder sah, war meine Frau und mein erstes Gefühl war: HUNGER. Also erstmal kräftig gegessen (nüchtern sein vor OPs is doof). Der Arzt kam dann noch und meinte, es wäre alles gut verlaufen.
Am nächsten Tag dann zur Defi-Kontrolle (ich bekam einen von St. Jude), auch alles super. Also ab von der Telemetrie und durfte schon runter an die Luft.
Ich war begeistert davon, wie easy alles lief und das ich völlig umsonst so eine Angst hatte.
Dann gabs Mittagessen. Ich sass auf der Bettkante und versuchte Fleisch unbekannter Art und Herkunft zu vertilgen, meine Frau lag hinter mir halb auf dem Bett, als ich plötzlich einen stechenden Schmerz in der Brust verspürte. Ich dachte noch so bei mir "naja, dein Körper hat Recht, wenn er sich gegen diese Gaumenbeleidigung wehrt" und legte mich sicherheitshalber mal hin.
Das war der Startschuss... Mit einem Mal dachte ich, ein Haufen Mäuse tanzen in meinem Herzen Samba und selbiges will sie rausschmeissen.
Ich wand mich auf dem Bett vor Schmerzen und Panik und dachte nur "das wars...". Meine Frau rannte raus um einen Arzt zu holen und wurde von der Schwester angepflaumt, für was es denn die roten Knöpfe gebe (Danke für nichts!)
Als dann endlich ein Arzt kam, war der erstmal ziemlich ratlos und gab mir intravenös Schmerzmittel. Danach gings mir endlich besser und ich musste zum Ultraschall, Röntgen und wieder zur Defi-Kontrolle und bekam die Hiobsbotschaft: Die Elektrode (ich bekam einen Defi mit nur einer Elektrode) hat sich wohl gelöst und ist wohl dabei sich durch mein Herz zu bohren. Am nächsten Tag sollte ich wieder operiert werden um die Elektrode rauszuziehen. Nachdem aber bei der Auswertung der Bilder festgestellt wurde, dass die Schraube schon durchkommt entschloss man sich zu einer sofortigen Not-OP.
Also ab ins Bett, rüber in die Herz-Chirurgie und in den OP. Fünf Stunden, zwei ZVKs und ein Blasenkatheder später auf der Intensiv wach geworden und in das Gesicht meiner Frau gesehen, dessen Ausdruck ich nie vergessen werde.
Dann wurde mir mitgeteilt, dass die Schraube wirklich schon durch das Herz ging und mir der Brustkorb aufgesägt und das Loch vernäht werden musste. Den Defi mussten sie auf Grund des Infektionsrisikos auch komplett entfernen und muss bei Gelegenheit neu rein. Mein erster Gedanke war nur "Super, ne dritte OP. Wie wärs statt vernähen mit nem Reissverschluss???"
Nach einem Tag Intensiv- und Zwei Tagen Wachstation (auf der man wohl körperlich gesund wird, psychisch aber einen an die Waffel bekommt) endlich auf Normalstation. Aber nicht ohne vorher die Thorax-Drainage gezogen zu bekommen. Heiliger BimBam, mit so nem Schlauch wässer ich bei mir den Garten. Ich dachte, da hängen alle Innereien dran...
Wenigstens waren die Schwestern und Ärzte begeistert von mir, wie schnell ich wieder auf den Beinen war. Aber im Krankenhaus heisst halt für mich Bett = Tod, also raus da.
So, nächster Implantationstermin für vergangenen Mittwoch. Meine Einstellung zu dem Defi war komplett im A***. Ich hatte einfach nur Panik. Ich wollte ihn nicht mehr. Ich wollte nur noch weg und durfte nicht mal die Station verlassen um mal spazieren zu gehen, auf andere Gedanken zu kommen.
Ohne meine Frau hätte ich das alles nicht durchgestanden.
Also Mittwoch wieder in den OP. Diesmal gleich in der Chirurgie. In dem OP war die Hölle los. Ich wusste gar nicht, wieviel Leute in so einen OP gehen. Selbst jemand des Herstellers des Defis (diesmal ist es ein Medtronic Protecta mit zwei Elektroden) war dabei.
Die Schwester beruhigte mich allerdings, dass nicht alle drin bleiben, weil sie soviel Bleiwesten nicht haben ;-)
Diesmal hab ich allerdings fast die ganze OP mitbekommen, weil sie mich nicht mehr so tief schlafen lassen wollten (ausser natürlich beim Testen des Defis) was aber nicht weiter schlimm war. Das Einzige, was sehr unangenehm war, dass ich mitbekam wie der Chirurg die neue Tasche formte. Das war zwar schmerzfrei, aber halt unangenehm.
Der grosse Vorteil allerdings, man kommt glockenhellwach ins Wachzimmer. Auch meine Frau war begeistert, wie fit ich war, als ich eine Stunde später wieder in meinem Zimmer lag.
Problem war danach nur, die Panik, es könnte schon wieder was schiefgegangen sein bzw. schief gehen. Und so waren die Stunden danach psychisch für mich und meine Frau die Hölle. Die 24 Stunden Bettruhe wurden konsequent eingehalten und jedes noch so kleine pieksen lies mich aufschrecken.
Die Defikontrolle gestern ergab, dass der Kleine vorbildlich arbeitet und heute durfte ich nach Hause.
Der Defi stört mich eigentlich jetzt schon überhaupt nicht, schlimmer finde ich es, mich schonen zu müssen bis der Brustkorb wieder zusammengewachsen ist. Und das kann 2-3 Monate dauern...
So, sorry wenn ich jetzt soviel geschrieben habe. Musste mir einfach mal alles von der Seele schreiben.
Sorry auch wegen Rechtschreibfehlern oder grammatikalischen Aussetzern, aber ich bin noch etwas durch den Wind.
Viele Grüsse
Marcus