Geschichte vom Zauberer Charly-Neues Mitglied stellt sich vor-
Verfasst: 27. November 2010, 15:46
Hallo Ihr Lieben,
ich heiße Claudine, 55 J.,60% behindert und seit 6 Jahren EU-Rentenbezieher. Verheiratet bin ich seit über 30J. mit Charly, 53 J., um den es hier geht. Mein Mann ist gelernter Fleischer, arbeitete 17 Jahre als Angestellter, danach war er 10 Jahre selbständig mit einem Betrieb und 30 Mitarbeitern. 1995 erkrankte er das erste mal und 2 Jahre später musste der selbständige Betrieb aufgegeben werden, weil es körperlich nicht mehr ging. Leider kam er aufgrund der Krankheit nicht schuldenfrei aus der Betriebsaufgabe heraus(ich war angestellt in seinem Betrieb und nicht haftbar für seine Schulden) und wir mussten für ca. 2 Jahre Sozialhilfe beziehen.Danach fand ich wieder eine Halbtagsstelle im Büro; leider ging der Betrieb nach 2 Jahren pleite. 14 Tage später hatte ich wieder einen Job, den ich aber nach 2 Jahren nicht mehr ausführen konnte und wurde sehr krank. Letztendlich wurde mir volle EU-Rente zuerkannt.
Mein Mann dagegen konnte sich aber nicht mehr in ein normales Arbeitsleben eingliedern. Aber sein Hobby ist und war schon immer die Zauberei, welche er von seinem Vater geerbt hat. Aus der Not heraus machten wir eine Tugend, ich meldete ein Reisegewerbe an und so verkauften wir auf vielen Veranstaltungen Zauberartikel. Zusammen mit meiner EU-Rente und dem kleinen Nebeneinkommen konnten wir uns fast 10 Jahre über Wasser halten, zwar keine großen Sprünge machen, aber wir kamen einigermaßen ohne fremde Hilfe klar.
Nachdem mein Mann aber im vergangenen Jahr mehrfach bewußtlos zusammenbrach (jedesmal mit Einnässen), kam er im Dezember mit dem Notarztwagen in die Herzklinik. Als ich wenig später dort eintraf, war der zweite Satz des Oberarztes zu mir. „ Ihr Mann wird sterben. Er hat momentan eine Pumpleistung von ca. 10%, ausserdem sind die Nierenwerte extrem schlecht“.
Das war 3 Tage vor Heiligabend. Er starb aber nicht und wurde stabilisiert, auf Amiodaron gesetzt und Mitte Januar 2010 entlassen. Zuhause ging es ihm aber nach und nach immer schlechter, und sein Bauch wurde immer dicker. Nun ist mein Mann ca. 1,90cm, sein durchschn. Gewicht lag immer so bei ca. 120 kg. Er war Schwerathlet (Ringer und Gewichtheber) und hat so manche Meisterschaft gestemmt. Ausserdem Metzgermeister, also ein Mann, der zupacken konnte. Nichts mehr davon ist übrig.
Also der Bauch war zwischenzeitlich dick wie ein Fesselballon und es tropfte schon Flüssigkeit heraus. Im März lieferte ich ihn mit 180 kg! ins KH ein, er konnte nicht mehr laufen und bekam keine Luft mehr. Die Ärzte dort schafften es, ihm innerhalb von 10 Tagen über 40 ltr. Wasser aus dem Bauch rauszuziehen. Er nahm noch ein paar weitere Kilos ab und wurde dann mit ca. 130 kg in ein anderes KH verlegt, wo ihm ein St.Jude 3-Kammer-Defi eingesetzt werden sollte, weil eine Kardioversion im vorhergehenden KH keinen Erfolg hatte, seine Herzrythmusstörungen zu beseitigen und das Herz wieder in einen richtigen Sinusrythmus zu bringen. Dumm war, dass die Verlegung gerade zur der Zeit des Ärztestreikes stattfand und die OP immer wieder verschoben wurde. Irgendwann stand dann der OP-Termin fest; während der OP gab der Arzt auf, weil er den Defi wegen Verkalkung linksseitig nicht einpflanzen konnte. Ein paar Tage später wurde dieser rechtsseitig eingepflanzt.
Auf Anraten der Ärzte soll er sich mit der Herzklinik in Verbindung setzen zur Planung einer Listung für die HTX. Das ist ein Thema, welches er überhaupt nicht anspricht und ich bezweifle, dass er dies tun wird.
Nach diesem KH-Aufenthalt erfolgte sofort eine 5wöchige Rehamassnahme, in deren Verlauf ihm die Oberärztin an den Kopf warf: „Sie werden eh nicht gelistet, Sie sind zu fett“, mein Mann als nicht mehr arbeitsfähig entlassen wurde, also Rentner, aber da sein Versicherungsverlauf Lücken aufweist, hat er keinen Anspruch auf EU-Rente, sondern nur auf seine normale Altersrente. Alles in allem war mein Mann über 3 Monate am Stück im KH und Reha und seitdem ist nix mehr so wie es mal war. Er ermüdet sehr schnell, schläft viel, grübelt viel, hat Angst allein aus dem Haus zu gehen, bekommt ständig Gichtanfälle am rechten Fuß.
Jetzt habe ja erzählt, dass er seit über 40 Jahren zaubert und an unserem Zauberstand auch die Tricks vorführt und schon sind wir beim nächsten Problem. Man wird ja bei OPs auf die Risiken hingewiesen; ein Risiko bei der Einpflanzung des Defis sind u.a.Nervenschädigungen der Hand. Dies ist bei ihm eingetroffen: sein rechter Mittelfinger beginnt von jetzt auf nachher zu schmerzen und wird dick und blau. Das dauert ca. 10/12 Tage, dann ist es wieder vorbei. Er kann, wenn er dies hat, fast gar nix machen, geschweige denn irgendwelche Kartentricks als Rechtshänder vorführen.
Was wird aus dem Reisegewerbe? Es kann nur mit uns beiden zusammen betrieben werden. Also habe ich es seit Januar 2010 beim Finanzamt als ruhend gemeldet bis auf weiteres. Konkret heißt dies, mein Mann hat am 10.8.d.J. Antrag auf Grundsicherung nach SGBXII für dauerhaft voll Erwerbsgeminderte gestellt. Die Feststellung der vollen Erwerbsminderung durch die LVA ist durch. Der Antrag ist immer noch nicht bearbeitet, da mein Mann anscheinend eine von diesen „supergewissenhaften jungen strebsamen Sachbearbeiterinnen“ erwischt hat und diese immer wieder weitere Belege und Angaben verlangt, die sie rechtlich gar nicht verlangen darf (die Taktiken der entsprechenden Ämter sind ja ausreichend bekannt, da jeder Antragsteller erstmal als Lügner und Betrüger dargestellt wird, der sich irgendwelche Sozialleistungen erschwindeln will, obwohl er im Keller säckeweise das Geld liegen hat).
Obwohl mein Mann nur durch Krankheit in diese Lage kam, wird seitens des Sozialamtes versucht, in Unterlagen aus meinem Reisegewerbe rückwirkend von über 12 Monaten rumzuschnüffeln. Es ist echt ein Graus, und wir stellen uns schon darauf ein, dass uns ein Gang zum Anwalt und Sozialgericht nicht erspart bleiben wird. Das wird sich alles kommende Woche herausstellen.
Es gibt nichts schlimmeres, als nach einem guten Arbeitsleben jetzt auf sowas angewiesen zu sein. Man wird zu allem Unglück mit solch einer Krankheit leben zu müssen letztendlich auch noch bestraft und muss komplett die Hosen runterlassen. Ich komme mir schon vor wie im Knast „ausziehen, bücken, Pobacken auseinander – man könnte ja evtl. tief in seinem Innersten noch einen Goldbarren versteckt haben“. Es ist entwürdigend und verletzend, nun als Mensch 3ter Klasse abgestempelt zu werden.
Ich weiss nicht, wie es weitergehen wird, wird sich mein Mann listen lassen, würde er überhaupt gelistet werde aufgrund seiner sehr fortgeschrittenen Krankheit, können wir im kommenden Jahr versuchen, unser Reisegewerbe in abgespeckter Form weiterzuführen usw.
So viele Fragen, so viele Ängste, was soll nur werden??? Ich weiss es nicht.
Es tat mir gut, dies alles zu schreiben, obwohl ich dabei wieder sehr traurig wurde und mich das alles emotional sehr aufrüttelt, aber vielleicht ist jemand in der selben oder ähnlichen Lage und mag sich mit mir austauschen. Ich würde mich auf jeden Fall sehr freuen und danke allen, die bereit sind, ein wenig Zeit für mich und meinen Mann aufzubringen.
Es grüßt von Herzen
Claudine
ich heiße Claudine, 55 J.,60% behindert und seit 6 Jahren EU-Rentenbezieher. Verheiratet bin ich seit über 30J. mit Charly, 53 J., um den es hier geht. Mein Mann ist gelernter Fleischer, arbeitete 17 Jahre als Angestellter, danach war er 10 Jahre selbständig mit einem Betrieb und 30 Mitarbeitern. 1995 erkrankte er das erste mal und 2 Jahre später musste der selbständige Betrieb aufgegeben werden, weil es körperlich nicht mehr ging. Leider kam er aufgrund der Krankheit nicht schuldenfrei aus der Betriebsaufgabe heraus(ich war angestellt in seinem Betrieb und nicht haftbar für seine Schulden) und wir mussten für ca. 2 Jahre Sozialhilfe beziehen.Danach fand ich wieder eine Halbtagsstelle im Büro; leider ging der Betrieb nach 2 Jahren pleite. 14 Tage später hatte ich wieder einen Job, den ich aber nach 2 Jahren nicht mehr ausführen konnte und wurde sehr krank. Letztendlich wurde mir volle EU-Rente zuerkannt.
Mein Mann dagegen konnte sich aber nicht mehr in ein normales Arbeitsleben eingliedern. Aber sein Hobby ist und war schon immer die Zauberei, welche er von seinem Vater geerbt hat. Aus der Not heraus machten wir eine Tugend, ich meldete ein Reisegewerbe an und so verkauften wir auf vielen Veranstaltungen Zauberartikel. Zusammen mit meiner EU-Rente und dem kleinen Nebeneinkommen konnten wir uns fast 10 Jahre über Wasser halten, zwar keine großen Sprünge machen, aber wir kamen einigermaßen ohne fremde Hilfe klar.
Nachdem mein Mann aber im vergangenen Jahr mehrfach bewußtlos zusammenbrach (jedesmal mit Einnässen), kam er im Dezember mit dem Notarztwagen in die Herzklinik. Als ich wenig später dort eintraf, war der zweite Satz des Oberarztes zu mir. „ Ihr Mann wird sterben. Er hat momentan eine Pumpleistung von ca. 10%, ausserdem sind die Nierenwerte extrem schlecht“.
Das war 3 Tage vor Heiligabend. Er starb aber nicht und wurde stabilisiert, auf Amiodaron gesetzt und Mitte Januar 2010 entlassen. Zuhause ging es ihm aber nach und nach immer schlechter, und sein Bauch wurde immer dicker. Nun ist mein Mann ca. 1,90cm, sein durchschn. Gewicht lag immer so bei ca. 120 kg. Er war Schwerathlet (Ringer und Gewichtheber) und hat so manche Meisterschaft gestemmt. Ausserdem Metzgermeister, also ein Mann, der zupacken konnte. Nichts mehr davon ist übrig.
Also der Bauch war zwischenzeitlich dick wie ein Fesselballon und es tropfte schon Flüssigkeit heraus. Im März lieferte ich ihn mit 180 kg! ins KH ein, er konnte nicht mehr laufen und bekam keine Luft mehr. Die Ärzte dort schafften es, ihm innerhalb von 10 Tagen über 40 ltr. Wasser aus dem Bauch rauszuziehen. Er nahm noch ein paar weitere Kilos ab und wurde dann mit ca. 130 kg in ein anderes KH verlegt, wo ihm ein St.Jude 3-Kammer-Defi eingesetzt werden sollte, weil eine Kardioversion im vorhergehenden KH keinen Erfolg hatte, seine Herzrythmusstörungen zu beseitigen und das Herz wieder in einen richtigen Sinusrythmus zu bringen. Dumm war, dass die Verlegung gerade zur der Zeit des Ärztestreikes stattfand und die OP immer wieder verschoben wurde. Irgendwann stand dann der OP-Termin fest; während der OP gab der Arzt auf, weil er den Defi wegen Verkalkung linksseitig nicht einpflanzen konnte. Ein paar Tage später wurde dieser rechtsseitig eingepflanzt.
Auf Anraten der Ärzte soll er sich mit der Herzklinik in Verbindung setzen zur Planung einer Listung für die HTX. Das ist ein Thema, welches er überhaupt nicht anspricht und ich bezweifle, dass er dies tun wird.
Nach diesem KH-Aufenthalt erfolgte sofort eine 5wöchige Rehamassnahme, in deren Verlauf ihm die Oberärztin an den Kopf warf: „Sie werden eh nicht gelistet, Sie sind zu fett“, mein Mann als nicht mehr arbeitsfähig entlassen wurde, also Rentner, aber da sein Versicherungsverlauf Lücken aufweist, hat er keinen Anspruch auf EU-Rente, sondern nur auf seine normale Altersrente. Alles in allem war mein Mann über 3 Monate am Stück im KH und Reha und seitdem ist nix mehr so wie es mal war. Er ermüdet sehr schnell, schläft viel, grübelt viel, hat Angst allein aus dem Haus zu gehen, bekommt ständig Gichtanfälle am rechten Fuß.
Jetzt habe ja erzählt, dass er seit über 40 Jahren zaubert und an unserem Zauberstand auch die Tricks vorführt und schon sind wir beim nächsten Problem. Man wird ja bei OPs auf die Risiken hingewiesen; ein Risiko bei der Einpflanzung des Defis sind u.a.Nervenschädigungen der Hand. Dies ist bei ihm eingetroffen: sein rechter Mittelfinger beginnt von jetzt auf nachher zu schmerzen und wird dick und blau. Das dauert ca. 10/12 Tage, dann ist es wieder vorbei. Er kann, wenn er dies hat, fast gar nix machen, geschweige denn irgendwelche Kartentricks als Rechtshänder vorführen.
Was wird aus dem Reisegewerbe? Es kann nur mit uns beiden zusammen betrieben werden. Also habe ich es seit Januar 2010 beim Finanzamt als ruhend gemeldet bis auf weiteres. Konkret heißt dies, mein Mann hat am 10.8.d.J. Antrag auf Grundsicherung nach SGBXII für dauerhaft voll Erwerbsgeminderte gestellt. Die Feststellung der vollen Erwerbsminderung durch die LVA ist durch. Der Antrag ist immer noch nicht bearbeitet, da mein Mann anscheinend eine von diesen „supergewissenhaften jungen strebsamen Sachbearbeiterinnen“ erwischt hat und diese immer wieder weitere Belege und Angaben verlangt, die sie rechtlich gar nicht verlangen darf (die Taktiken der entsprechenden Ämter sind ja ausreichend bekannt, da jeder Antragsteller erstmal als Lügner und Betrüger dargestellt wird, der sich irgendwelche Sozialleistungen erschwindeln will, obwohl er im Keller säckeweise das Geld liegen hat).
Obwohl mein Mann nur durch Krankheit in diese Lage kam, wird seitens des Sozialamtes versucht, in Unterlagen aus meinem Reisegewerbe rückwirkend von über 12 Monaten rumzuschnüffeln. Es ist echt ein Graus, und wir stellen uns schon darauf ein, dass uns ein Gang zum Anwalt und Sozialgericht nicht erspart bleiben wird. Das wird sich alles kommende Woche herausstellen.
Es gibt nichts schlimmeres, als nach einem guten Arbeitsleben jetzt auf sowas angewiesen zu sein. Man wird zu allem Unglück mit solch einer Krankheit leben zu müssen letztendlich auch noch bestraft und muss komplett die Hosen runterlassen. Ich komme mir schon vor wie im Knast „ausziehen, bücken, Pobacken auseinander – man könnte ja evtl. tief in seinem Innersten noch einen Goldbarren versteckt haben“. Es ist entwürdigend und verletzend, nun als Mensch 3ter Klasse abgestempelt zu werden.
Ich weiss nicht, wie es weitergehen wird, wird sich mein Mann listen lassen, würde er überhaupt gelistet werde aufgrund seiner sehr fortgeschrittenen Krankheit, können wir im kommenden Jahr versuchen, unser Reisegewerbe in abgespeckter Form weiterzuführen usw.
So viele Fragen, so viele Ängste, was soll nur werden??? Ich weiss es nicht.
Es tat mir gut, dies alles zu schreiben, obwohl ich dabei wieder sehr traurig wurde und mich das alles emotional sehr aufrüttelt, aber vielleicht ist jemand in der selben oder ähnlichen Lage und mag sich mit mir austauschen. Ich würde mich auf jeden Fall sehr freuen und danke allen, die bereit sind, ein wenig Zeit für mich und meinen Mann aufzubringen.
Es grüßt von Herzen
Claudine