Diagnose gerade erhalten, was nun?

#1
Hallo,

meine Frau (33 Jahre) ist zwei Wochen nach Geburt unseres Sohnes extrem müde geworden und der Körper hat keine Milch mehr produziert. Ihr Hausarzt hat sie zum Kardiologen und der ins Krankenhaus geschickt. Dort wurde vor ca. 3 Wochen eine „schwere dilatative Kardiomyopathie am ehesten nach abgel. Myokaditis“ diagnostiziert.

Nun doktert man an ihr rum (Katheder-Untersuchung, Langzeit EKGs, Überwachungsmonitor und und und) und hat ihr gestern geraten so schnell wie möglich in der Uni Klinik Münster einen implantierbaren Defibrillator zu setzen.

Ich sitze jetzt hier mit einem 4 Wochen alten Säugling und einer 4 Jahren alten Tochter und durchforste abends das Internet und weiß nicht mehr weiter.

Ihr geht es sehr gut, wir verstehen nicht alles was uns die Ärzte sagen und ich habe den Eindruck, dass die Ärzte uns nicht alles sagen.

Hat jemand dasselbe Krankheitsbild und/oder kann uns Mut/Hoffnung/Tipps geben.

Ich habe große Angst, dass das ein Todesurteil für meine Frau ist!

Danke

Holger

Re: Diagnose gerade erhalten, was nun?

#2
Holger, ich kenne mich zwar mit diesem Krankheitsbild nicht aus, aber ein Defi kann Leben retten und wenn die Ärzte Deiner Frau dringend zur Implantation raten, so solltet Ihr nicht zu lange warten.

Falls der Defi akut doch nicht gebraucht werden sollte, so ist er doch im Notfall zur Stelle, falls dieser je eintreten sollte.
Sieh den Defi als eine Art Notbremse. Man braucht sie im "normalen Betrieb" nicht, aber wenn wirklich mal etwas passieren sollte, so ist sie da und reagiert blitzschnell.
Der Defi ist klein, die Narbe meistens auch und normalerweise hindert er einen nicht am alltäglichen Leben teilzunehmen.
Er gibt einem ein gewisses emotionales Sicherheitsgefühl.

*edit*
Es gibt laut google eine Selbsthilfegruppe Kardiomyopathie in Marburg, vielleicht rufst Du die mal an:

http://www.deam.de/selbsth/kardmg.htm



"I'm Mickey Mouse. They don't know who's inside the suit." - KR -

Re: Diagnose gerade erhalten, was nun?

#3
Hallo Holger,
bei mir vor 2 1/2 Jahren eine schwere dilatative Cardiomypathie ( DCM ) diagnostiziert, EF 16% mit Rückstau in die Lunge. Vorangegangen war ein Hinterwandinfarkt, den ich im Stress des noch damaligen Arbeitslebens (Klinikreferent für u.a. Implantate, sehr oft im OP anwesend ) nicht bemerkt hatte. Ebenfalls eine Mitralklappeninsuffizienz. Dazu kam noch ein rekordverdächtiger Blutzucker von über 400.
Langer Rede kurzer Sinn: Nach schneller Einweisung in die Klinik radikale Entwässerung 12 Liter, 2 Herzkatether-Untersuchungen ( Kontrastmittel und Elektrophysiologische Untersuchung ( EPU ). Parallel dazu noch Einstellung des Blutzuckers.
Ergebnis: Ich bekam in der Uni-Düsseldorf einen Defi implantiert. Dazu eine Handvoll Medikamente ( Dilatrend, Captopril, Aldactone, Furasemid,
Amaryl, Aspirin 100 und Insulin ).
Heute muß ich sagen, daß ich den Defi voll angenommen habe als sozusagen "eingebauten Notarzt", der mich permanent überwacht und im Bedarfsfall energiereich einschreitet.
Duch den Defi wird zawar kein Krankeitsbild gebessert, bzw. behandelt.
Man fühlt sich wohl emotional sicherer. Auch die DCM ist nicht heilbar, man kann den Zustand nur in etwa stabilisieren.
Die Müdigkeit, die ich ebenfalls vor Beginn der Therapie hatte, ist nicht ganz gewichen. Doch ich vermute, daß hier auch die Betablocker mitspielen.
Also sag deiner Frau, sie solle wieder optimistischer in die Zukunft schauen mit dem Schutzengel in der Brust. Nach einer gewissen Eingewöhnungszeit wird sie dir auch wieder die Arbeit mit den Kindern etwas abnehmen können.

Viele Grüße und ein schockfreies Weihnachtsfest
Heinz



DCM, Mitralklappen-Insuff. Grad II, KHK m. RCA-Verschluss, Hinterwandinfarkt, Pulm. Hypertonie, Diabetes mell. Typ 2, ICD-Implantation 07.08.03 (Guidant Ventak Prizm 2DR Mod. 1861 ), Spondylosis deformans, Gonarthrose bds.

DCM, Mitralklappen-Insuff. Grad II, KHK m. RCA-Verschluss, Hinterwandinfarkt, Pulm. Hypertonie, Diabetes mell. Typ 2, ICD-Implantation 07.08.03 (Guidant Ventak Prizm 2DR Mod. 1861 ), Spondylosis deformans, Gonarthrose bds.,
Katarakt-OP bds.. Coxarthrose bds., grauer Star OP bds. am 10.09.10 neuer Defi ( St.Jude V268 )Schwerbehinderung GDB 100, Merkzeichen aG u. B
Vom 28.06.09 - 01.09.09 ( 10 Wochen ) wg einer infizierten Fußnekrose in verschiedenen Kliniken. Rollstuhl!

Re: Diagnose gerade erhalten, was nun?

#4
Hallo Holger,
ich kann mich meinen Vorrednern nur anschließen. Ein Todesurteil ist die Diagnose nicht, eher im Gegenteil. Wenn der Defi implantiert wird, hat sie den Notarzt "an Bord" und der sorgt im Fall der Fälle dafür, dass sie eben nicht tot umfällt. Vielleicht wird er bei ihr auch nie eingreifen müssen - aber er schaut immer nach, ob alles ok ist. Es gibt ein paar Unannehmlichkeiten, an die man sich aber schnell gewöhnt.

Ich wünsche Deiner Frau alles Gute und bin mir ziemlich sicher, dass sie Eure Kinder aufwachsen sieht.

Lieben Gruß
Thorsten



Re: Diagnose gerade erhalten, was nun?

#5
Verfasst am: 16.12.2005, 23:03 Titel:

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Hallo,

vielen Dank für Eure aufmunternden Worte.

Heute morgen rief der Oberarzt an, dass meine Frau sofort nach Münster muss, ich habe also schnell meinen Vater herbeitelefoniert (der wohnt um die Ecke) und während der Fahrt meine Schwiegermutter (die wohnt 5 Autominuten entfernt) informiert, dass Sie bitte schnell nach uns kommen muss, da ich meinem Vater nicht zumuten wollte den Kleinen zu füttern.

Ich konnte meiner Frau noch beim Tasche packen helfen und dann wurde Sie mit einem Krankenwagen (teilweise mit Blaulicht wie sie sagte) von Hamm nach Münster gefahren.

Nun liegt Sie auf der "Zwischenintensiv" und ist total down, kein Telefon, kein Fernseher, kein Besuch unserer Kinder und seit gestern abend ist ihr glaube ich auch die Schwere der Krankheit bewusst, sie tut mir so leid.

Wenn alles gut läuft und Sie am Montag operiert wird meinte der Arzt in Hamm, dass sie Weihnachten zu Hause sein kann, Ist das realistisch? In Münster hat noch keiner gesagt, wann sie operiert wird, aber warum dann heute morgen die Hektik, wenn noch kein Termin für Montag oder Dienstag feststeht?
Ich habe die ganze Autorückfahrt geheult, das ist so ungerecht, meine Frau hat noch nie irgendjemanden irgendetwas böses getan oder gewünscht und ausserdem weiss ich nicht, wie ich meiner Tochter sagen soll, dass sie ihre Mutter jetzt länger nicht besuchen darf....

Ich versuche jetzt mal zu schlafen oder zumindest stumpf fern zu sehen, mal sehen wann der Kleine wieder Hunger hat.

Danke

H.

Re: Diagnose gerade erhalten, was nun?

#6
    Zitat: Holger
    Wenn alles gut läuft und Sie am Montag operiert wird meinte der Arzt in Hamm, dass sie Weihnachten zu Hause sein kann, Ist das realistisch?
Wenn es nur um die Defi - Implantation geht und es keine Komplikationen gibt, dann ist das denkbar.

Ich wünsche Euch, daß alles gut geht und Deine Frau schnell nach Hause darf.



"I'm Mickey Mouse. They don't know who's inside the suit." - KR -

Re: Diagnose gerade erhalten, was nun?

#7
Lieber Holger,
ich habe meinen defi am 08.11. implantiert bekommen, am 11.11 konnte ich das Krankenhaus schon wieder verlassen. Allerdings habe ich ein anderes Krankheitsbild. Eine Myokarditis ist eine Entzündung des Herzmuskels (weißt Du aber sicher schon) und muß auskuriert werden, wie lange es auch dauert - Eure Kinder sind noch so klein und es wird noch sehr viele Weihnachtsfeste mit Mama geben !! Deine Sorge um Deine Frau kann ich gut verstehen, mein Mann wurde über Nacht total grau vor Sorge um mich. Nun aber freut er sich über meinen Defi, der mich rund um die Uhr überwacht und mir hilft wenn es nötig ist. Deine Frau hat mehr Kraft als Du (und vielleicht auch sie) denkst, als Mutter hat man alle Kräfte der Welt... und in den besten Händen ist sie auch.
Ich wünsche Euch von ganzem Herzen alles Gute !
Liebe Grüße, Daggi



wer rechtschreibfehler findet, darf sie behalten

Re: Diagnose gerade erhalten, was nun?

#8
Hallo Holger,

ich kann mich den anderen nur anschließen. Der Defi ist eine sehr gute
Lebensversicherung!
Ich glaub ich kann Deine Ängste gut nachvollziehen.
Ich habe meinen Defi vor 2 Jahren, damals mit 33 Jahren, bekommen,
nachdem ich nur mit wahnsinnig viel Glück einen Herzstillstand überlebt
habe. Meine Tochter war zu diesem Zeitpunkt 3 Monate alt. Die Diagnose
bei mir war ARVD und dadurch habe ich meinen Job (Pilot) verloren und
stehe immer noch beruflich und finanziell vor einer unsicheren Zukunft.
Für mich war und ist in dieser Zeit meine Familie der Rettungsanker.
Ich denke Deine Frau braucht Dich, Deine Zuversicht und Optimismus
jetzt erst recht.
Uns hat es sehr gut getan viel über alles, Ängste, Sorgen, Zukunft...
zu reden. Auch im Freundeskreis sind wir sehr offen mit dem Thema
umgegangen.

Ich weiß, das alles wird seine Zeit brauchen und ich wünsche Euch viel
Kraft in den kommenden Wochen...

Alles Gute,

Klaus















-----Original Message-----
From: Holger <@carookee.com>
To: Defibrillator-Forum - Allgemein <@carookee.com>
Sent: Fri, 16 Dec 2005 23:08:00 +0100
Subject: [defi-forum] Re: Diagnose gerade erhalten, was nun?

Verfasst am: 16.12.2005, 23:03 Titel:

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Hallo,

vielen Dank für Eure aufmunternden Worte.

Heute morgen rief der Oberarzt an, dass meine Frau sofort nach Münster
muss, ich habe also schnell meinen Vater herbeitelefoniert (der wohnt
um die Ecke) und während der Fahrt meine Schwiegermutter (die wohnt 5
Autominuten entfernt) informiert, dass Sie bitte schnell nach uns
kommen muss, da ich meinem Vater nicht zumuten wollte den Kleinen zu
füttern.

Ich konnte meiner Frau noch beim Tasche packen helfen und dann wurde
Sie mit einem Krankenwagen (teilweise mit Blaulicht wie sie sagte) von
Hamm nach Münster gefahren.

Nun liegt Sie auf der "Zwischenintensiv" und ist total down, kein
Telefon, kein Fernseher, kein Besuch unserer Kinder und seit gestern
abend ist ihr glaube ich auch die Schwere der Krankheit bewusst, sie
tut mir so leid.

Wenn alles gut läuft und Sie am Montag operiert wird meinte der Arzt in
Hamm, dass sie Weihnachten zu Hause sein kann, Ist das realistisch? In
Münster hat noch keiner gesagt, wann sie operiert wird, aber warum dann
heute morgen die Hektik, wenn noch kein Termin für Montag oder Dienstag
feststeht?
Ich habe die ganze Autorückfahrt geheult, das ist so ungerecht, meine
Frau hat noch nie irgendjemanden irgendetwas böses getan oder gewünscht
und ausserdem weiss ich nicht, wie ich meiner Tochter sagen soll, dass
sie ihre Mutter jetzt länger nicht besuchen darf....

Ich versuche jetzt mal zu schlafen oder zumindest stumpf fern zu sehen,
mal sehen wann der Kleine wieder Hunger hat.

Danke

H.


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Re: Diagnose gerade erhalten, was nun?

#9
Hallo!
Ich habe eben deinen Beitrag gelesen .
Münster ist in der Forschung von DCM-Patienten sehr erfolgreich Bei einem nicht so gutem Herz ,kann man eben auch Lebensbedrohliche Herzrytmusstörungen bekommen ,deswegen der Defi . Deine Frau ist dort in sehr guten Händen.Ich lebe schon seit mehr als 30 Jahren mit dieser Erkrankung. Seit dieser Zeit werde ich,aber auch von der Uni -Münster Kordioloigsch betreut. Habe aber auch seit 8 jahren meinen Defi.
Im März 2006 bei der Tagung im Franz-Hitze -Haus haben wir einen Kardiologen zu diesem Thema (DCM) eingelden.






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Wer sich auf den Weg macht, kann anderen begegnen.

Re: Diagnose gerade erhalten, was nun?

#10
Hallo Geli,
das ist mal eine beruhigende Auskunft, dass du schon so lange mit DCM lebst. Bei mir wurde es auch im letzten Jahr festgestellt und ich mache mir große Sorgen wie die Zukunft aussehen wird. Zur Zeit geht es mir gut ich habe auch einen ICD. Überall liest man, dass die Lebenserwartung nicht so groß sein wird.
In welchem Alter hast du deine Diagnose erfahren? Wie bist du medikamentös eingestellt?
Grüße
Chris