Gewöhnt man sich an die Angst?

#1
Hallo, bin neu hier. War mit meinem Mann letztes Jahr am 13.06.08 zu einem 5 km Lauf. Nach der halben Strecke kippte mein Mann plötzlich um. Zum Glück war der Läufer hinter uns Arzt. Er hat sofort mit der Wiederbelebung angefangen, ich habe die Beatmung gemacht. Dann kam der Notarzt mit dem Defi 2 mal, 3 mal ich weiss es nicht, dann ins Krankenhaus. Bis 2 Uhr Morgens habe ich im Wartezimmer gesessen (5 Std.) und gebetet. Dann lag er auf Intensivstation. 1 1/2 Wochen Koma keiner wußte ob er es schafft. Dann kam er zu sich, ein häufchen Elend. Dann kaum etwas aufgepäppelt gings nach Münster zur Bypass (2 Stck.) OP. Dann wieder aufgepäppelt. Danach Reha, seid dem zu Hause. Herzleistung bei 30 %. Jetzt wird am 26.01.09 ein Defi eingebaut. Inzwischen haben sich bei mir auch verschiedene Krankheiten eingestellt, Arzt meint liegt am Stress. Mein Problem ist, immer und immer wieder sehe ich meinen Mann umkippen. Bei jeder Erkältung, wenn er mal stolpert oder sonstiges kriege ich immer gleich die Panik. Heute war ein Arzt Termin, hat den Bericht gelesen das die Herzleistung nur 30 % ist und die Stirn gerunzelt. Kann man überhaupt noch Zukunft planen? Verschwinden diese Bilder irgendwann wieder? Bin im Moment ziemlich mutlos.

Re: Gewöhnt man sich an die Angst?

#2
Hallo Dolphi,

zu Deiner ersten Frage: Ja.

Dein Mann wird sich aber erstmal mit der Situation "Herz kaputt und Defi" auseinandersetzen und sie annehmen müssen, physisch genauso wie psychisch. Das dauert seine Zeit und geht nicht mit Gewalt. Er muss für sich eine Balance und seine Schritte dahin finden. Mit Defi ist das Leben genauso schön wie ohne, für die meisten sogar bewusster und intensiver aufgrund der zweiten Chance. Sicher, man hat ein paar Einschränkungen aber damit kann man sich arrangieren - und mit einem Lächeln in die Zukunft sehen.

zur zweiten Frage: Ja und Nein

Die Bilder verblassen je besser er sich fühlt und je zuversichtlicher er in die Zukunft sieht, ganz weggehen tun sie aber nicht.

Ich drück die Daumen für die OP.

Gruß
Thorsten



Re: Gewöhnt man sich an die Angst?

#3
Hallo Corinna.

Selbstverständlich könnt Ihr für die Zukunft planen. Vielleicht müßt Ihr jetzt erst mal "kleinere Brötchen" backen, aber das Leben ist deswegen noch nicht vorbei.
Ich mache alles was mir Spaß macht, aber in meinem eigenen Tempo.
Ich hatte anfänglich einen LVEF von nur 15 %, der sich aber dank Medikamente und meines Defi´s mit Schrittmacherfunktion verdoppelt hat. Ich fühl mich jetzt sehr gut.

Thorsten hat absolut recht. Als erstes müßt Ihr jetzt erst mal akzeptieren, daß das Herz kaputt ist und Dein Mann einen Defi braucht. Seht es positiv, der Defi wird Euch helfen und sein Herz schützen.
Es ist und wird für Euch beide nicht einfach sein, mit dieser Situation umzugehen, aber haltet zusammen und Ihr werdet es meistern.
Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, denn bei mir ist es auch noch nicht so lange her, daß mir die Einstellung meiner Frau sehr geholfen hat. Wenn ich wieder mal am verzweifeln war, hat sie mich wieder aufgerichtet !
Es ist für Dich jetzt sehr schwer und jeder von uns kann nachvollziehen, daß Du ab und zu den Mut verlierst, aber mit der Zeit wird es besser.

Mir hat dieses Forum sehr geholfen. Du findest hier immer ein offenes Ohr, gutgelaunte und verständnisvolle Leute, wertvolle Tips und vieles mehr !

Für die OP drück ich die Daumen.

LG Andi



Re: Gewöhnt man sich an die Angst?

#4
Hallo Corinna,

gewöhnen JA, vergessen NIE. So geht´s mir zumindest.
Solange ich beschäftigt und abgelenkt bin ist alles wunderbar und ich denke fast gar nicht an Krankheit und Defi. Aber sobald ich mal zur Ruhe komme schießen wieder die Gedanken in den Kopf. Z.B.: "Wie sieht die Zukunft aus?" Leider kann einem das niemand beantworten. Die Ärzte halten sich mit Zukunftprognosen verständlicherweise ziemlich zurück. Und vielleicht ist es auch besser so.
Man muss wirklich versuchen die Krankheit zu akzeptieren, darf aber trotzdem niemals aufgeben. Die Herzleistung kann ja trotzdem wieder besser werden. Ich habe, wie so viele hier, mit einer sehr schlechten Herzleistung "angefangen". Durch regelmäßige Einnahme der Medikamente, ein wenig mehr oder weniger regelmäßigen Sport, und viel viel Hoffnung, hat sich diese innerhalb von sechs Monaten wieder etwas gebessert. Das wird Dein Mann auch schaffen! Steh´ ihm zur Seite und zeig´ ihm, dass Ihr das zusammen hinkriegt.

Ich drücke Euch und vor allem Deinem Mann die Däumchen für die OP am 26.01.. Aber da kann eigentlich gar nix schief gehen, an so einem "tollen" Datum (mein Geburtstag) ;-)

LG Judith



Re: Gewöhnt man sich an die Angst?

#5
Hallo Corinna,
sehr ngut kann ich verstehen was in euch beiden jetzt vorgeht. Bei meinem Mann und mir war es auch so aber wir waren uns immer einig das Beste daraus zu machen und die Zeit zu genießen die wir haben statt uns mit zweifelnden Gedanken das Leben schwer zu machen.Wir mussten es nehmen wie es ist und der Defi ist eine Hilfe,eine Unterstützung an die man sich gewöhnen muß aber unser bester Freund werden soll und sicher wird.Ich habe es als absolutes Glück empfunden als ich erfahren habe dass es Defis gibt und man damit ( fast ) normal leben kann.Lasst euch Zeit und freut euch auf die Zukunft - der Defi ermöglicht sie euch und die Leistungsfähigkeit des Herzens kann sich ja auch wieder bessern. Mein Lebensmotto ist : Leben ist das was sich abspielt wärend wir es verplanen.
Für die OP drücke ich ganz feste die Daumen und wünsche ganz viel Kraft.
Liebe Grüße Astrid



Re: Gewöhnt man sich an die Angst?

#6
Liebe Corinna,

nur nicht den Mut verlieren. Dein Mann bekommt einen Schutzengel der auf ihn aufpasst. Natürlich ist das in der ersten Zeit gewöhnungsbedürftig, wird aber mit der Zeit immer selbstverständlicher und irgendwann merkt man den Defi fast nicht mehr. Ausser, wenn er gebraucht wird, dann schon. Haltet einfach zusammen, redet viel darüber, wenn Deinem Mann danach ist, und spaziert durch das Forum. Das habe ich auch so gemacht. Es hat mir unendlich viel geholfen, auch dabei, dass plötzlich alles so im Schneckentempo vor sich geht. Das muss ja auch erst mal in den Kopf, wenn man vorher "volle Lotte" durch das Leben gedüst ist. Aber langsam kann auch sehr schön sein. Man sieht mehr!

Übrigens finde ich die Herzleistung von 30 % gar nicht so schlecht. Kann sich ja vielleicht noch verbessern. Meine liegt bei 17-20 % und wird wahrscheinlich nicht besser.

Deinem Mann wünsche ich alles Gute für die OP und Dir wünsche ich, dass Deine Ängste bald irgendwo im Hinterkopf hängen bleiben und auch dort bleiben. Also Kopf hoch!

Liebe Grüße

Erika